Oktober 18, 2022 4:11 pm

Nathalie Wiederkehr

Alle werdenden Eltern stehen vor einem riesigen Berg von Fragen. Von der Schwangerschaft über die Namensgebung bis hin zur Elternschaft - viele fühlen sich überfordert. Auch lesbische Paare stellen sich diese Fragen. Hinzu kommt, dass es für sie gar nicht so einfach ist, schwanger zu werden. Obwohl die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare endlich fast überall eingeführt wurde, ist der Weg zum Babyglück noch ziemlich holprig.

Dieser kleine Leitfaden soll ein paar grundlegende Fragen zu künstlicher Befruchtung, Samenspende, rechtlichen Grundlagen und Behandlung im Ausland beantworten. Er soll ein kleiner Leitfaden sein, worauf du achten musst und dir eine erste Orientierung geben.

Beratung

Grundsätzlich beginnt jeder Kinderwunsch durch künstliche Befruchtung im Sprechzimmer deiner Frauenärztin oder deines Frauenarztes. Sie wird mit dir eine erste Untersuchung durchführen. Dazu gehören standardmäßig eine Blutuntersuchung und eine Ultraschalluntersuchung. Dein Blut wird vor allem auf verschiedene Krankheiten untersucht. Dazu gehören Hepatitis, Syphilis, HIV und Röteln. Auch dein Hormonhaushalt wird untersucht. Besonders wichtig sind die Schilddrüsenhormone TSH, T4 und T3 sowie das Hormon Prolaktin. Natürlich werden auch alle Hormone, die mit der Follikelreifung und der Schwangerschaft zu tun haben, untersucht. Dazu gehören FSH, LH, AMH und Progesteron.

Bei der Ultraschalluntersuchung wird geprüft, ob Fehlbildungen oder Krankheiten wie Myome deine Chancen auf eine Schwangerschaft beeinträchtigen könnten.

Die verschiedenen Methoden der Fruchtbarkeitsbehandlung

Die In-vitro-Fertilisation (IVF) wird oft als eine Art Synonym für alle möglichen Behandlungsstrategien verwendet. Tatsächlich ist sie aber nur eine von vielen Methoden. Hier möchte ich dir einen Überblick über die verschiedenen Behandlungen geben.

IUI (Insemination)

Die intrauterine Insemination, kurz IUI, ist die häufigste Behandlungsmethode für lesbische Unfruchtbarkeitspatientinnen. Das liegt vor allem daran, dass sie recht unkompliziert ist. Letztlich werden die Spermien direkt in die Gebärmutter eingeführt. Zuvor kann der Eisprung mit Medikamenten stimuliert werden, um den optimalen Zeitpunkt zu finden. Die Methode kann aber auch ohne Hormontherapie angewendet werden. Die IUI ist eine der günstigsten Optionen mit einer Erfolgsquote von etwa 10%-15% pro Versuch.

IVF

IVF steht für In-vitro-Fertilisation und entspricht der klassischen Reagenzglasbefruchtung. In der Regel wird vorher eine Hormontherapie verabreicht, um genügend reife Eizellen zur Verfügung zu haben. Kurz bevor der Eisprung stattfindet, werden die Eizellen per Ultraschall entnommen. Die Spermien werden dann in einem Reagenzglas hinzugefügt. Heutzutage wird häufiger die ICSI-Methode verwendet, bei der die Spermien direkt in die Eizelle injiziert werden. Die Erfolgsquoten hängen vom Alter der Frau ab, von der die Eizellen stammen. Außerdem variieren die Erfolgsquoten je nach Klinik zwischen 20% und 50% pro Versuch.

ROPA (geteilte Mutterschaft)

In einer heterosexuellen Beziehung trägt jeder Elternteil auf irgendeine Weise etwas zur Schwangerschaft bei, so dass das Kind am Ende die Hälfte der Gene von der Mutter und die Hälfte vom Vater hat. In einer lesbischen Beziehung ist das in diesem Sinne nicht gegeben. Eine ähnliche Situation ist jedoch im Rahmen einer "Rezeption von Eizellen des Partners" (ROPA) möglich. In diesem Fall spendet eine Partnerin ihre Eizelle, die bei der IVF befruchtet wird. Der Embryo wird dann auf die andere Partnerin übertragen. Im Prinzip würde eine Frau das Kind der anderen austragen. Das Kind hat also eine genetische und eine biologische Mutter. Die Eigenschaften der austragenden Mutter werden nicht weitergegeben, aber das kann auch ein Vorteil sein. Wenn zum Beispiel eine Partnerin unbedingt das Kind austragen möchte, aber das Risiko besteht, dass sie genetische Krankheiten an das Kind weitergibt, kann die andere Partnerin eine Eizelle spenden.

Der Samenspender

Auch wenn dein Kind sicherlich gut mit zwei Müttern auskommen wird, braucht es einen biologischen Vater. Hier musst du entscheiden, ob du einen Samenspender von einer Samenbank möchtest oder ob der Spender jemand sein soll, den du kennst.

Anonyme oder offene Samenspende von der Samenbank

Im Allgemeinen wird zwischen offenen und anonymen Spenden unterschieden. Der offene Spender kann kontaktiert werden, der anonyme Spender nicht. Alle von der Samenbank akzeptierten Spender müssen die folgenden Anforderungen erfüllen:

  • Es muss eine überdurchschnittlich hohe Menge an qualitativ hochwertigem Sperma geliefert werden.
  • Der Spender darf keine übertragbaren Krankheiten haben (HIV, Hepatitis, Chlamydien, Gelbsucht, Gonorrhoe, Cytomegalovirus oder Syphilis).
  • Außerdem darf es in der unmittelbaren Familie keine Erbkrankheiten geben. Dazu gehören zum Beispiel Gaumenspalten, Stoffwechselstörungen, Diabetes, Rheuma oder Allergien.
  • Der Spender muss einen gesunden Lebensstil haben.
  • Es dürfen keine psychischen Erkrankungen beim Spender oder in der Familie des Spenders bekannt sein.
  • Der Spender muss zwischen 20 und 50 Jahre alt sein.
  • Der Spender muss mindestens über eine durchschnittliche Intelligenz verfügen.

Wenn du dich bewirbst, musst du zunächst einen Fragebogen zu deiner Person ausfüllen. Dann kannst du angeben, welche Eigenschaften am besten zu deiner zukünftigen Familie passen. Die Samenbank macht dann Vorschläge, aus denen du einen geeigneten Spender auswählen kannst. Oft sind auch Stimmproben, Handschriftproben und Bilder verfügbar. Bei der Auswahl einer Samenbank fragst du am besten deinen Gynäkologen nach einer geeigneten Bank in deiner Nähe. Es gibt auch internationale und europäische Samenbanken.

Die anonyme Spende ist eine gute Entscheidung, vor allem wenn du keinen Vater in deiner Familie haben möchtest. Dein Kind wird ihn nie kennenlernen. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung und liegt bei dir.

Der Vorteil der Samenbank ist, dass du ohne großen Aufwand davon ausgehen kannst, dass die Spermien von sehr hoher Qualität sind. Außerdem wird sich der anonyme Spender mit Sicherheit nie in die Erziehung des Kindes einmischen.

Eine bekannte Person als Spender

Die andere mögliche Spenderin ist eine Person, die du kennst, zum Beispiel eine Freundin oder ein Freund von dir. Auch in diesem Fall muss sich die Person vorher einer Untersuchung unterziehen. Es werden die gleichen Dinge getestet wie bei den Samenbanken. Schließlich sollen Krankheiten vermieden werden. Der Vorteil hier ist, dass du selbst sehen kannst, wie die Person lebt. Vielleicht möchtest du, dass das Kind später einen männlichen Partner hat. In diesem Fall kann auch der biologische Vater in gewissem Maße an der Erziehung beteiligt werden. Wenn der Vater jedoch nicht auf alle Rechte zur Erziehung des Kindes verzichtet, kann dein Partner das Kind nicht adoptieren. Mehr zu diesem Thema findest du im Kapitel "Rechtliche Situation". Ob es eine gute Idee ist, eine bekannte Person als Spender einzusetzen, hängt sehr von deiner individuellen Situation ab.

An diesem Punkt müssen du und dein Partner entscheiden, was das Beste für eure kleine Familie ist. Es ist nicht möglich, eine allgemeine Empfehlung zu geben.

Eizellspende / Embryonenspende

Genau wie bei heterosexuellen Paaren ist es möglich, dass keiner von euch fruchtbar genug ist, um ein Kind zu bekommen. Wenn eine Adoption für euch nicht in Frage kommt, könnt ihr auch auf eine Eizellspende zurückgreifen. Dies ist jedoch nur in bestimmten europäischen Ländern erlaubt, nicht aber in der Schweiz oder in Deutschland. In einigen Fällen können sogar die überzähligen Embryonen von anderen Frauen adoptiert werden. Die ROPA-Methode ist daher nur in Ländern erlaubt, in denen auch die Eizellspende erlaubt ist. Zu diesen Ländern gehören zum Beispiel Spanien und Nordzypern.

Lesbisches Familienglück

Das richtige Angebot finden

Das Land

Wo du dich behandeln lassen kannst, hängt von der Methode ab, die du wählst. Je nach Land musst du unter Umständen warten, vor allem, wenn du dich im Ausland behandeln lassen willst. Die Länder bevorzugen in der Regel ihre eigenen Staatsangehörigen.

Im Allgemeinen bieten die folgenden Länder in Europa Fruchtbarkeitsbehandlungen für lesbische Paare an:

Österreich, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland (einige Regionen, aber nur Samenspende), Finnland, Frankreich, Island, Irland, Lettland, Niederlande, Nordzypern, Portugal, Spanien, Schweiz ab 2021, aber nur Samenspende und Schweden.

Innerhalb dieser Länder sind die Vorschriften für offene und anonyme Samenspenden, Eizellenspenden, geteilte Mutterschaft (ROPA), Gentests usw. unterschiedlich. Wenn du also ein bestimmtes Land ins Auge gefasst hast, musst du dich genauer beraten lassen. Hier bekommst du nur einen Überblick.

Die folgenden Länder bieten die Möglichkeit der offenen Samen- und Eizellenspende:

Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, die Niederlande, Österreich, Nordzypern (muss dort zugestellt werden) und Schweden.

Anonyme Samen- und Eizellenspenden sind in diesen Ländern möglich:

Belgien, Dänemark, Frankreich, Nordzypern und Spanien.

In diesen Ländern ist die genetische Präimplantationsdiagnostik erlaubt:

Belgien, Griechenland, Niederlande, Nordzypern, Schweden und Spanien.

Im Vergleich zu anderen Ländern gelten Spanien und das Vereinigte Königreich als sehr teuer, was sogar einheimische Frauen dazu veranlasst, für eine Behandlung ins Ausland zu gehen. Nordzypern ist sehr beliebt, weil dort keine eingetragene Partnerschaft erforderlich ist, die Altersgrenze bei 56 Jahren liegt und das Geschlecht des zukünftigen Babys frei gewählt werden kann. Als nicht-europäisches Land ist auch Südafrika eine Option. Hier können Behandlungen bis zum Alter von 55 Jahren durchgeführt werden. Südafrika ist daher auch eine beliebte Anlaufstelle für späte Kinderwünsche.

Die Klinik

Da du für die Behandlung möglicherweise weit reisen musst, bieten viele Kliniken eine Erstberatung per Videochat an. Das ist jedoch von Klinik zu Klinik unterschiedlich, also musst du sie zunächst per E-Mail kontaktieren. Anhand der Antwort kannst du dann eine vorläufige Entscheidung treffen. Wenn du keine Antwort bekommst oder das Personal nicht deine Sprache oder zumindest Englisch spricht, kannst du die Klinik von deiner Liste streichen. Kommunikation ist für die Behandlung von elementarer Bedeutung, aber natürlich kannst du nicht davon ausgehen, dass in spanischen Krankenhäusern Deutsch gesprochen wird. Nach dem ersten Gespräch kannst du schon viel darüber sagen, ob du dich mit dem Personal und der Klinik wohlfühlst. Wenn das nicht der Fall ist, solltest du die Klinik nicht wählen.

Kosten der Behandlung

Je nach Heimatland kannst du zum Beispiel Hilfe von deiner Krankenkasse bekommen. Da du je nach Land wenig bis gar keine Unterstützung von deiner Krankenkasse für die künstliche Befruchtung erhältst, ist es wichtig, rechtzeitig mit dem Sparen zu beginnen.

Hier sind ein paar Beispiele:

  • IUI ohne Hormontherapie 200 € pro Behandlung (Deutschland).
  • IVF ca. 1.600 € pro Behandlung (Deutschland)
  • Eine Spermaprobe 600 € (+ Versandkosten 100 - 150 € Beispiel Samenbank Erlangen, Bayern)
  • IVF mit Eizellspende 4.000 - 9.000 €.

Bitte beachte, dass du wahrscheinlich mehrere Behandlungen einschließlich Samenspende brauchst, um endlich schwanger zu werden. Auch die Kosten variieren von Land zu Land.

Andere

Du solltest bedenken, dass du für die Behandlung in die Klinik reisen musst. Das bedeutet, dass du auch für Flüge und Unterkunft bezahlen musst.

"In Österreich sind die Gesetze sehr fortschrittlich. Offene und anonyme Samenspender stehen zur Verfügung und beide Mütter werden bei der Geburt automatisch als Eltern des Kindes registriert, ohne dass eine Adoption erforderlich ist.

Rechtliche Situation

Der bei weitem komplizierteste Teil des ganzen Prozesses ist es, sich einen Überblick über die rechtliche Situation zu verschaffen. Die Gesetze sind von Land zu Land unterschiedlich und hängen manchmal auch vom Bundesland ab. An manchen Orten gibt es überhaupt keine Regelungen für lesbische Paare.

Deutschland

Künstliche Befruchtung:

Das Embryonenschutzgesetz soll vor allem die IVF in Deutschland regeln. Wenn du gegen dieses Gesetz verstößt, kannst du mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden. Die Verbote, die hier für dich relevant sind, sind der Missbrauch von künstlichen Befruchtungsmethoden, der Missbrauch von Embryonen, die Auswahl eines Spermas aufgrund des Geschlechts während der Befruchtung und die genetische Untersuchung des Embryos, bevor er in die Gebärmutter eingesetzt wird.

Ob lesbische Paare zur künstlichen Befruchtung zugelassen werden, ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Oft werden sie einfach gar nicht erwähnt, so dass die Zulassung im Ermessen der Klinik liegt.

Gewahrsam:

Die biologische Mutter erhält bei der Geburt automatisch das Sorgerecht für das Kind, nicht aber die Ehefrau. Die Ehefrau muss das Kind adoptieren.

Adoption:

Bei der Adoption sind beide Elternteile gleichberechtigt, sofern sie verheiratet sind. Das Verfahren zur Adoption eines Kindes ist jedoch sehr zeitaufwändig und kann mehrere Jahre dauern. Außerdem werden in Deutschland normalerweise nur relativ wenige Kinder zur Adoption freigegeben. Es ist aber auch möglich, ein Kind aus dem Ausland zu adoptieren, zum Beispiel aus Mexiko, Brasilien oder Portugal.

Österreich

Künstliche Befruchtung:

In Österreich steht lesbischen Paaren eine Vielzahl von Methoden zur Verfügung, für die sie auch offiziell zugelassen sind. Außerdem gibt es die Wahl zwischen offener und anonymer Samenspende. Um das Angebot nutzen zu können, muss das Paar nicht verheiratet sein.

Gewahrsam:

Wenn das Paar bei der Geburt des Kindes verheiratet ist, liegt das Sorgerecht gewissermaßen bei beiden Müttern. Bei unverheirateten Paaren hat vorerst nur die biologische Mutter das Sorgerecht. In diesem Fall kann das Sorgerecht für die andere Mutter beantragt werden, indem eine gemeinsame Erklärung beim zuständigen Standesamt abgegeben wird.

Adoption:

Im Allgemeinen ist eine Ehe keine Voraussetzung für eine Adoption in Österreich; auch Alleinstehende können adoptiert werden. Das Kind der Ehefrau muss nur dann adoptiert werden, wenn es nicht durch künstliche Befruchtung gezeugt wurde oder wenn beide Eltern nicht österreichische Staatsbürger sind. Wenn z.B. ein Stiefkind adoptiert wird, erhält die Ehefrau die gleichen Sorgerechtsansprüche wie die biologische Mutter.

Schweiz

In der Schweiz wurde die Ehe für alle im Jahr 2021 beschlossen. Bislang war die medizinische Fortpflanzung für gleichgeschlechtliche Paare verboten, aber dieses Verbot wird nun im Rahmen der Gesetzesänderung aufgehoben.

Die Stiefkindadoption war bisher erlaubt. Die Voraussetzung dafür ist eine eingetragene Lebenspartnerschaft oder ein Konkubinat. Außerdem muss das Kind mindestens zwei Jahre bei der Familie gelebt haben, bevor der Antrag auf Adoption gestellt werden kann. Während dieser Zeit liegt das Sorgerecht ausschließlich bei der biologischen Mutter. Lesbische Paare sind noch von anderen Adoptionsformen ausgeschlossen, aber auch das wird sich mit dem neuen Gesetz ändern.

Fazit

Viele Länder haben noch Nachholbedarf, wenn es um die Gleichberechtigung von lesbischen Paaren bei der Kinderwunschbehandlung geht. Wenn du dich für die richtige Klinik entscheidest, ist aber schon heute vieles möglich und auch die Kosten können erschwinglich gemacht werden. Mit diesem Ratgeber hast du eine erste Orientierung auf dem Weg zu einem Wunschkind - fang JETZT an!

Über den Autor

Hallo, ich bin Nathalie Wiederkehr, eine Expertin für Medizintourismus aus Biel, Schweiz. Auch ich wollte Kinder haben, aber aufgrund meines Alters und meiner Scheidung wurde ich in meinem Land nicht unterstützt. Deshalb habe ich "Your IVF Support" gegründet, um allen Frauen mit meinem Wissen über Fruchtbarkeitsbehandlungen in Europa zu helfen.

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